DER RESTAURANT BLOG

Nr. 01/20 | 02.05.2020

ESSKAPADEN.BLOG

Bombay > London > Berlin. Die Jagd Nach Der Hohen Kunst Der Indischen Küche

Die Kulturen anderer Länder zu bereisen und zu erfahren gehört mit zu den aufregendsten Erlebnissen auf dieser Erde. Und zu den unglaublichsten, weil kulturell dichtesten Regionen zählen für mich Mexico und Indien. Heute führt uns das Abenteuer nach Indien. Was gibt es Schöneres, als die Kultur eines Landes über den Gaumen zu erfahren!

B O M B A Y

Sorry, ja ich weiß, politisch korrekt heißt es heute MUMBAI – aber BERLIN passt in meiner Überschrift eben besser zu BOMBAY – und unsere Reise führt uns zuerst in das traditionelle Indien, das im Schlechten wie im Guten sehr vom britischen Kolonialismus beeinflusst wurde.

Vor Jahren im alt-ehrwürdigen 5* TAJ MAHAL PALACE MUMBAI. Wir saßen im riesigen Innenhof des Palastes, in dem leicht ein Polo Match hätte stattfinden können – und vielleicht früher ja auch stattgefunden hat. Wir genossen den Butler-angehauchten Service und als Sundownwer unseren ersten Gin and Tonic. Beides war „marvellous“! Das hoteleigene indische Restaurant erwartete uns zum Dinner – und wir wiederum erwarteten eine zwar gute, aber auch sehr angestaubte indische Küche – eben genau so wie wir das TAJ MAHAL auch sonst empfanden. Da an diesem Abend die Sonne sehr langsam unterzugehen schien, hatten wir mehrere Sundowner – immer vom Butler kommentiert mit seinem herrlichen „good choice!“.

Als wir schließlich zum Dinner gingen, war das einzig Angestaubte wahrscheinlich unser Auftritt: Baam, Bang & Wow! Ein hochmodernes Edelrestaurent mit kosmopolitischem Ambiente und einer quirlig-hektischen Atmosphäre – like the most famous places in New York. Und das Essen? Die Kultur der indischen Gewürze, Zutaten und Zubereitungsformen genial & frech hochgejazzt zum besten India Dinner, das ich bis dahin je hatte. Baam, Bang & Wow!   tajhotels.com

L O N D O N

Wo in aller Welt kann man noch so gut indisch essen wie in Mumbai, New Delhi etc.? In LONDON. Einmal natürlich wegen der historischen Verbindung zu Indien. Aber auch aus purem Kapitalismus! Was – Kapitalismus? In New York & London gibt es die höchste Dichte an Weltklasse-Restaurants. Warum? Weil die Pacht für die Lokalitäten meist so astronomisch hoch ist, daß die Läden ihre Tische 4 – 6 mal am Tag verkaufen müssen, um Gewinn zu machen. Also müssen sie unglaublich gut sein. Mit ellenlangen Wartelisten. Und bei bis zu 100.000 US$ Pacht im Monat kann man auch noch 30.000 für einen begnadeten Chef zahlen. Daher sind New York & London The Restaurant Capitals of the World.

Indische Haute Cuisine Locations in London? Mehr als zehn, einige sogar mit einem Stern dekoriert. Mein one & only Liebling? The BOMBAY BRASSERIE. Zum Empfang landen Sie in einer Bar, die so kolonialistisch das verflossene British Empire mit der großen & stolzen indischen Nation verschmelzt, daß man sich hier die Zeit & einige Classic Cocktails nehmen sollte, ehe man sich an den Tisch führen lässt. Bloß nicht sofort an den Tisch! Gosh! Behave British!

Dann werden Sie nicht an Ihren Tisch geführt, sondern in einen modernen indischen Palast, durch den der Geist ehemals mächtiger Maharadschas, britischer Offiziere, junger indischer StartUp-Millionäre & Bollywood-Schönheiten weht. Die Liste der klassischen wie kreativen vegetarischen wie non-vegetarischen Gerichte ist so lang, wie deren Geschmack einzigartig balanciert zwischen indischen Gewürzen und dem Gemüse & Huhn aus dem Tandoori in Ihren Mund schwebt. Mein Favorit: Chicken Tikka Makhani mit Lemon Rice & Pachadi. Und die Weinkarte macht Ihr Glück vollkommen. What a night in India!  Cheers.  bombayb.co.uk

DER   I N D I A   C L U B   BERLIN

Der fiese Nachtteil von phantastischem Essen & Spitzenweinen ist, daß wir sie nie mehr vergessen und von da an eine sehr hohe Messlatte mit uns herumtragen. Bis dato hatte ich quer durch unser Land „nur“ die typischen familienbetriebenen indischen Restaurants kennengelernt, die uns schon seit Jahrzehnten mit preiswertem, unspektakulären und eher flach gewürztem Essen versorgen. Wackere indische Kantinen. Man wird preiswert satt. Aber eine sensationelle kulinarische Reise nach Indien? Nie gefunden.

Und so war ich im Frühjahr 2017 mehr als elektrisiert, als mir ein Insider erzählte, daß die Jagdfeld-Gruppe in Berlin einen High End INDIA CLUB  mit einem prominenten indischen Chef eröffnen würde. Den großen Eröffnungsabend ließ ich aus – aber Wochen später besuchte ich den INDIA CLUB mit fliegenden Fahnen – und seitdem regelmäßig.

Manish Bahukhandi ist ein noch relativ junger, hoch engagierter Chef mit prominenten Stationen in seiner Karriere, der die nordindischen Klassiker nicht einfach übernimmt, sondern auf seine Art ganz besonders interpretiert und immer wieder nach oben kocht. Zugleich überrascht er mit neuen Creationen wie z. Bsp. seinem Geheimrezept von PINDI CHOLE KULCHA, einer auf der Zunge zergehenden und im Gaumen die Gewürze Indiens eröffnenden Kichererbsen-Vorspeise. Ich könnte jetzt das Menü euphorisch hoch & runter beschreiben – aber dieses Genußabenteuer will ich Ihnen nicht nehmen. Nur soviel: die für mich mit ganz weitem Abstand beste indische Küche in Deutschland.

Der von Herrn Rahimkhan geleitete Service ist immer sehr aufmerksam, zudem echt freundlich ohne aufgesetzt zu wirken und perfekt effektiv. Das Ambiente mit dunklen Holzvertäfelungen im britisch-kolonialen Stil und bunten indischen Farben & Dekors vermittelt einen Hauch von Indien. Allerdings ein Wermutstropfen: Manish Bahukhandi & seine Kollegen hätten einen Palast verdient – nun ist es aber „nur“ ein Restaurant und entsprechend meist ausgebucht.  india-club-berlin.com

Mein Fazit: Bestnote 1 “ Eine Reise wert!“

Gastro Talk

Natürlich nur ein Thema: die Pandemie. Aber wir sind nicht wehrlos. Engagierte Gastronomen mit vielen Stammgästen werden sich auf Ihre Stärken besinnen und durch die Krise kommen. Und wir Gäste sollten unsere Lieblingsrestaurants ganz besonders unterstützen: oft essen gehen, oft Take Away, hoch tippen!

Do’s & Dont’s

Apropos „Trinkgeld“:  tippen Sie lieber garnicht, falls Sie einmal mit dem Service unzufrieden sind. Aber wenn Essen & Service gut waren, seien Sie großzügig. Einen Gast, der bei 198,- zweihundert gibt und „stimmt so“ sagt, den vergisst der Ober NIE!  Aber den, der 20% gibt auch nicht. Don’t be a „Pfennigfuchser“!

Mein „Best Of“

Ich liebe Bratwürste am Stand – aber gut müssen Sie sein! Wann immer ich in Hamburg bin, zieht es mich magisch zum Mö-Grill in der Mönckebergstraße und am Jungfernstieg. Die Würstchen sind von der Fa. Salzbrenner und meine Lieblingssorte: die MÖ-GRILLER.  salzbrenner-wuerstchen.de

Vorschau

Die nächsten Ausgaben von ESSKAPADEN führen uns nach Berlin, Hamburg, München, Timmendorfer Strand, London, Wien, Zürich, Venedig, Nizza & Umgebung sowie nach Saint-Tropez. Falls Ihnen dieser Blog gefallen hat, setzen Sie sich auf meine Newsletter-Liste!  Herzlichst, Ihr Alexander Schmidt-Vogel

Bewertungen: 1. Eine Reise wert 2. Ein Hochgenuss 3. Hat mir gefallen 4. Mixed Feelings 5. Hat mich enttäuscht 6. Mein „NoGo“