DER RESTAURANT BLOG

Nr. 01/21 | 02.01.2021

ESSKAPADEN.BLOG

Monsieur HULOT in GIGARO – oder A Long Life In Short Pants

Glauben Sie auch, dass das Leben in kurzen Hosen nicht nur viel angenehmer, sondern auch deutlich länger verläuft? OK – here we go! Nachdem wir NIZZA, dem hektischen Klein-Paris am Meer – und SAINT TROPEZ, dem morbid-mondänen Party Place entkommen sind – steht uns nun der Sinn nach Ruhe, Natur, Sonne, Meer und nichts, aber auch gar nichts tun! Ich wüsste da einen verwunschenen Strand, ein romantisches Fleckchen Natur, ein kleiner Geheimtipp, den ich gerne mit Ihnen teile, wenn Sie mir versprechen, es nicht weiterzuerzählen. Abgemacht.

Der Duft von Pinien, Zypressen & 1000 Blumen – untermalt vom Zirpen der Grillen, dem Quaken der Frösche (nebenbei, allesamt liebestoll) und dem Rauschen des Meeres – das muss wohl das Paradies sein! Unser Garten Eden ist gut geschützt, weil schlecht erreichbar: kein Flug oder Zug bringt Sie dorthin. Zuerst die größtenteils nervige Fahrt von Nizza in die Bucht von Sainte Maxime. Die meisten bleiben sowieso irgendwo dort hängen. Wir aber folgen den Dörfern auf der Hügelkette hinter Saint Tropez: zuerst Ramatuelle mit Blick auf die Strände von Pampelonne, dann das winzige Touristendorf Gassin  – und schließlich die Villen-Hügel von LA CROIX VALMER. Wer es bis dahin geschafft hat, ist aber noch lange nicht in unserem Paradies.

Wir nehmen den Kreisel der D559 nicht ins Zentrum von Croix Valmer, sondern folgen entgegengesetzt den engen & verschlungenen Wegen des Boulevard du Littoral. Nach ca. 4 Kilometern biegen wir rechts in den Boulevard de Gigaro ein und kommen nach einer Weile dem Meer immer näher. Wenn die Straße direkt an dem schmalen schnurgeraden Promenadenweg liegt und das Meeresrauschen ihren Motor fast übertönt – et voilà – sind wir da! Einige Begleiter unserer Karawane mögen sich unterwegs verfahren haben – aber das ist ein wichtiger Teil des Beschütztseins unseres Paradieses, von dem ich gesprochen habe. Bloß nicht helfen!

Jaques Tati’s DIE FERIEN DES MONSIEUR HULOT

Dieser wunderbare französische Kult-Regisseur hat seit den 50er Jahren den Kampf der Franzosen mit den Tücken des Alltags und der aufkommenden Moderne herrlich komisch dargestellt und auch selbst – fast stumm – verkörpert. Einer seiner ersten und romanischsten Filme führt uns an einen kleinen und sehr familiären Badeort – kein Chichi, kein Schickimicki – nur das einfache, entspannte, aber auch pralle, komische und auf jeden Fall liebenswerte Leben am Strand. Wenn Sie zur Einstimmung Ihres Saint-Tropez-Urlaubs Louis de Funès in „Der Gendarm von Saint Tropez“ mitnehmen würden, empfehle ich hier wärmstens „Die Ferien des Monsieur Hulot“.

SCHLAFEN

Nach Mitternacht ins Bett, um acht Uhr aufstehen und die restliche Zeit mit FlipFlops, kurzen Hosen & einem coolen T-Shirt im Freien leben – da braucht man kein ganz besonderes Hotel. Direkt hinter der Promenade zwischen Palmen versteckt gibt es eine ganze Reihe von Ferienwohnungen & -Häuschen, die Sie im Vorjahr buchen sollten. Der Plage de Gigaro ist zwar (fast) noch ein Geheimtipp – aber die Fangemeinde wird immer größer. Wenn Sie dort wohnen, torkeln Sie morgens noch schlaftrunken ans Meer, setzen sich mit Café & Croissant an den Strand, schwimmen im Meer, sonnenbaden sich braun, nehmen unter dem Strohdach der Snack Bar einen Salade & Rosé, lesen im Schatten einen Roman von Georges Simenon (z.Bsp. Maigret macht Ferien), nehmen Ihre(n) ersten Sundowner barfuß in einer sandigen Strandbar, machen sich piraten-schick für den Abend und gehen ins 300 m entfernte …

COULEURS JARDIN

Vielleicht haben Sie in einer Ihrer kurzen Gigaro-Nächte von einem gestrandeten Piraten geträumt, der an einem der schönsten Strandplätze unter Palmen & Zypressen eine Beach Bar eröffnete, dann einen Pizza-Steinofen baute, einen kleinen Garten anlegte, ein Häuschen mit Balkon zum Meer schuf, immer besser und anspruchsvoller kochen lernte, eine Familie gründete und bis heute eines der bezauberndsten Strandrestaurants der Küste führt? Kein Wunder, dass sich bei einer glücklich-entspannten Tagesroutine im Kreislauf über Wochen irgendwann Traum & Erinnerung vermischen – aber dies ist kein Traum – es ist das Couleurs Jardin!

Mittags würde ich einen Tisch im Garten unter den Zypressen nehmen, eine Burrata, viel Salat, ein Tartare de Boeuf, lokalen Rosé genießen und ganz viel über die Welt & das Leben schwadronieren. Der Patron schließt den Service um 15:00 und setzt sich vielleicht zu Ihnen, wenn Ihre Truppe besonders lebendig diskutiert und konsumiert. Am Abend etwas wilden Chic anlegen (der Pirat als Herzensbrecher), einen Tisch auf dem Balkon mit Blick auf die romantische Strandszenerie erobern, aus den Köstlichkeiten La Mer (z. Bsp. Filet de Rouget), La Terre (Magret d’Agneau Ibérique oder Filet de Boeuf Bérnaise) wählen und natürlich einen dieser Stern(en)stunde entsprechenden Wein wählen. Aber keine Angst – aufgetischt wird nur, was die Region bietet und kein Geldbeutel verbietet. Zum Abschluss – wenn sie Glück haben – eine Pavlova und bitte auf keinen Fall einen Digestiv!

Die 500 m zu Ihrem Ferienhaus sind ungesund & unromantisch. Nein – jetzt ist ein ausgiebiger, nächtlicher Strandgang angesagt: barfuß, nur vom Mond beleuchtet und von den Wellen des Meeres untermalt – die Stunde der Herzensbrecher. Wenn Sie zurück sind, schauen Sie nochmal ins Couleurs Jardin. Jetzt gehört das Lokal dem Patron und seinen Köchen & Kellnern. Fragen Sie, ob Sie noch „rapide“ einen Marc de Provence bekommen könnten und bleiben Sie ruhig noch ein bisschen.                 Tel. +33 494 79 59 12  Evtl. restaurantcouleursjardin.com

FAZIT: „Bestnote 1. Eine Reise wert!“

CHÂTEAU DE VALMER

Nur für den Fall, dass Ihre mitternächtliche „Stunde der Herzensbrecher“ besonders erfolgreich war und Sie im nächsten Jahr zurückkehren möchten, weil Sie etwas zu feiern haben: 1200 m vom Plage de Gigaro entfernt liegt dieses 5-Sterne-Hotel in einem ehemaligen Herrenhaus inmitten eines Weingutes – ja, luxuriös, aber ländliche Romantik statt schnöseligem Getue.    chateauvalmer.com

Gastro Talk

Die Künstler & Kochkünstler sind von unserer Politik in der Pandemie sehr vernachlässigt worden – undenkbar in Ländern wie Frankreich oder Italien, in denen die nationale Küche heiliges Kulturgut ist. Wenn unsere Lieblingsrestaurants wieder geöffnet sind, werden wir viele Nachbarläden für immer geschlossen sehen.

Do’s & Dont’s

Bitte nicht beschweren, wenn die Take-Away-Preise dem (früheren) normalen Verzehr im Restaurant entsprechen. Ganz im Gegenteil: zusätzlich ein Tipp noch obendrauf! Kein Gastronom schreibt derzeit schwarze Zahlen. Oder wollen wir in Zukunft nur in Junk-Food-Ketten essen gehen?

Mein „Best Of“

Vom Altkanzler Schröder bis zum unvergessenen Komiker Dieter Krebs – (fast) alle lieben Currywurst! Meine Beste: die Riesen-CW aus der Kantine des Wolfsburger VW-Werks, das sog. „offizielle Volkswagen-Teil“. Bei EDEKA im Norden verfügbar. Im Vergleich zur mickrigen Berliner Currywurst (sorry!) gewinnt die norddeutsche Variante haushoch: SIZE MATTERS!

Vorschau

Auch wenn ich Ihnen noch von vielen Spitzenrestaurants quer durch Europa erzählen kann (und ab & zu auch weiterhin werde) – stehen sobald als möglich spannende ERSTBESUCHE bekannter IKONEN auf meinem Programm – wie z. Bsp. das BORCHARDT in Berlin, das FISCHEREIHAFEN-RESTAURANT in Hamburg etc.

Bewertungen: 1. Eine Reise wert 2. Ein Hochgenuss 3. Hat mir gefallen 4. Mixed Feelings 5. Hat mich enttäuscht 6. Mein „NoGo“